Anemona Crisan

Mai 2014

Ob in Zeichnungen auf Leinwand, Papier oder in raumfüllenden Installationen, Anemona Crisans Arbeiten drehen sich immer um die Beziehung des Körpers zum Raum. Lineare körperliche Elemente wie Haare, Muskelfasern oder Adern werden dabei zum Ausgangspunkt einer konstruierten, raumschaffenden Dynamik.

Während die Künstlerin in ihren Installationen eine geometrisch-lineare Abstraktion des Körpers sucht, um sie dann mit der umgebenden Architektur in einer neuen körperlich-architektonischen Einheit zu verflechten, sind Anemona Crisans jüngste Arbeiten auf Leinwand, von der Verve und letztlich von der Befähigung des Körpers Bewegung auszuüben, geprägt.

Wie Beweise seiner Lebendigkeit und Anwesenheit, zeichnen Wirbel die Reibung des Körpers an seiner Umgebung nach, ohne ihn je zur Gänze erscheinen zu lassen. Lediglich vereinzelt taucht ein Kopf, ein Scheitel, eine Hand aus den Verwirbelungen auf, um gleich wieder zu verschwinden, sich im Strom aufzulösen. Diese Reduktion des Leibes auf seine Energie vollzieht sich oft über mehrere Bilder, die miteinander in Verbindung stehen. Dadurch wird nicht nur der Zwischenraum, sondern der gesamte umliegende Raum, in die erzeugte Dynamik einbezogen.

Einer lebendigen Erinnerung gleich, umspielen die scheinbar unendlichen, bandbreiten Spuren von Bewegung das selektiert Leibliche. Die gesamte Energie, die hier verbildlicht wird, steht Pate für eine Erscheinung, die nur zum Teil betrachtet werden darf. Alles was sie ausmacht, alles was sie definiert, ist bloß das pure, reine Leben. Sie erfährt Beschränkung lediglich an den Grenzen ihrer eigenen Möglichkeiten. So wird trotz dieser ergreifenden, mitreißenden Freiwerdung von Kraft auf der Leinwand und im gesamten Raum doch eine Begrenzung deutlich: dort, wo die Farbe beginnt zu schweigen, wo eine klare Trennung von Linie und Nichts stattfindet, wo die Bewegung zur Tangente einer Unendlichkeit wird, dort ist das Ende. Hierin liegt der Dualismus und das Spanngsfeld im Werk Anemona Crisans. Absolute Lebendigkeit und bedingungsloser Stillstand werden zu den Parametern ihrer Arbeit. Sie macht immer wieder deutlich, dass Leben Bewegung ist, die sich im Raum ausdehnt. Je freier, je reiner, je unverbrauchter sich dieser Raum öffnet, desto weitschweifender, ehrlicher, intensiver kann eine Ausdehnung stattfinden. Es ist immer der Leib der dabei das Zentrum und den Ausgang bildet und es ist eben dieser Leib, dem schon in seiner schreienden, leuchtenden Dynamik das schweigsame, ruhige Ende eingeschrieben ist. Eine schweigsame, ruhige andere Seite jenseits der Linie, wie eine Erinnerung, die per se immer schon auch Teil des Raumes, des Körpers, der Bewegung und des Lebens ist.

visit: www.anemonacrisan.shop

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