

Von 1000 Vögeln und einem Wunsch
Hinter uns liegt eine seltsame Zeit. Eine Zeit der Entbehrungen, der Distanz, eine Zeit der Wohnräume, der HEIMlichkeit, des Fensterguckens, und Für-sich-Seins. Gleichzeitig wird das Chaos zum Verstärker für unsere Bedürfnisse und plötzlich hören wir ganz laut und deutlich, was wir eigentlich wirklich bräuchten. Ausgerechnet jetzt können wir es uns aber nicht geben.
Für jede und jeden von uns hat diese Zeit eine andere Bedeutung, aber was wir teilen, ist das Getrennt-Sein und der echte, tiefe, sehr individuelle Wunsch nach Freiheit: für den Körper, den Geist, die Sinne, die Atemwege und das Lächeln.
Loretta Stats bricht mit uns aus, aus den eigenen vier Wänden und aus dem Körper. Sie schleicht sich mit uns hinaus, packt uns an der Hand und reißt uns mit, hin zu all den Sehnsuchtsorten, die wir uns nicht erträumen können. Wir sind überwältigt von dem Schauspiel der Farben und ihrer Choreografie der Formen und ehe wirs uns versehen, fliegen wir auf dem Rücken von 1000 Kranichen hin zu unserem sehnlichsten Wunsch.
In ihrem aktuellen Oeuvre, reflektiert Stats auf die unbeholfene Rückkehr der Menschen zur Natur. Wie kleine Kinder, müssen sie von Neuem lernen, was es bedeutet, sich in ihr zu bewegen und zurechtzufinden. Die schwungvolle Pinselführung zeichnet diese unverdorbene, wiedergewonnene Lust am Erleben nach, während die kräftige, märchenhafte Farbwahl den Moment des Freiwerdens als begehrlichsten Wunsch eines unfreien Geistes sichtbar macht. Und dann sind da noch die Vögel… .
Ganz dem spielerischen Modus folgend, faltet Loretta Stats aus ihrem Wunderland für uns Vögel und Boote, so, als ob sie für uns Menschen, frei nach der japanischen Legende, einen Wunsch herausschlagen möchte. Wir möchten auf den Schwingen der Papageien und Kolibris, der Kraniche und Reiher hinaus in die Freiheit und in den Kojen der Boote davon ins Ungewisse segeln. Gleichzeitig verstehen wir, dass für uns nur der halbe Weg genommen ist: unseren Origami-Flügeln fehlt die Physis. Sie sind nur ein Bauplan, eine Anleitung, doch in jeder Falte liegt eine Wahrheit. Es ist an uns, sie nachzubauen – akribisch, genau und mit Hingabe.
Und dann tragen sie uns davon in die Freiheit, die wir uns so sehnlich wünschen.
6.10.2022 – 18.11.2022
Ausstellung im Rumänischen Kulturistitut, Wien: Argentinierstraße 39, 1040 Wien.